Compilations · Discography

ZILLO (März 2000) · Article

 

 

Recoil

 

 

ZILLO

 

März 2000

 

 

 

 

 

 

 

Auf seinem mittlerweile fünften Solo-Album LIQUID macht ex-DEPECHE MODE-Tüftler Alan Wilder ein fünf Jahre altes Ereignis, das ihn noch immer beschäftigt, zum Thema: Er fuhr Auto, als nicht weit von ihm ein Flugzeug in die Straße krachte. Angelehnt an das furchteinflößende Horror-Ambiente des Vorgängers UNSOUND METHODS, zeichnet sich das neue Absturz-Album vor allem durch schaurige Klänge, Gäste wie Diamanda Galás und die Dominanz des gesprochenen Wortes aus: ein Hörspiel des Schreckens. Im Zillo-Interview berichtet Wilder von seinem erwachten Misstrauen gegenüber Flugzeugen, sucht nach Gründen für seinen Hang zu Finster-Sounds und räumt ein, sich den Luxus des unrentablen Solo-Projektes RECOIL nur durch die DEPECHE MODE-Millionen leisten zu können.

 

Ein Fan konfrontierte ihn kürzlich per E-Mail mit einer Liste des britischen "Q"-Magazins, das die angeblich derzeit 100 reichsten Rockmusiker aufzählte. Unter anderen dabei: DEPECHE MODE-Songwriter Martin Gore, den das Blatt auf 15 Millionen Pfund schätzte. Warum er, Alan, nicht aufgelistet worden sei, wundert sich der Anhänger namens Jason Seals und wollte gleich dazu wissen, wie vermögend sein Idol denn insgesamt nun sei. Und da Wilder auf seiner exzellenten Internetseite (www.shunt.com) fast jede noch so indiskrete Frage beantwortet - im nachfolgenden Interview erklärt er seine Gründe für die neue Pflege des Fan-Kontaktes - kommentiert er auch die Frage nach seinem Reichtum, allerdings wohl kaum im Sinne des Fragenden. Manche der in der Liste genannten Zahlen seien "lächerlich", lästerte Wilder über die "Vermutungen" von "Q". Und seine eigenen finanziellen Mittel seien schließlich "eine private Angelegenheit, die ich nicht bekanntgeben möchte". Freimütig erzählt er im Netz hingegen, dass er noch immer zu 25 Prozent an allen Verkäufen von DEPECHE MODE-Platten beteiligt sei, an denen er mitgewirkt habe ("Denkt ihr, ich bin ein gefeuerter Angestellter?"). Freimütig schwärmt er dort auch von der SHAME-Version der Gruppe SELF vom Tribut-Album FOR THE MASSES und berichtet, dass er sie neulich auf eine seiner "Party DAT compilations" überspielt habe - mit dem Erfolg, dass dazu um sein Haus getanzt wurde.

 

Freimütig plaudert er aus, wie er mit Flood an der Produktion von SONGS OF FAITH AND DEVOTION saß und drei Monate lang Martin Gores Tour-Keyboard programmierte, während dieser einfach in den Urlaub fuhr. Sogar von einer Schlägerei, die er nach dem Konzert der MUSIC FOR THE MASSES-Tour in Salt Lake City mit Andrew Fletcher hatte, berichtet er freimütig einem RECOIL-Interessierten, der ihn darauf anspricht. Und wenn ihm ein Fan davon schreibt, dass Dave kürzlich in einem Interview erklärt habe, ihn, Alan, auf der vergangenen Singles-Tournee vermisst zu haben, freut sich Wilder vor seinen unsichtbaren Fans und fügt ein wenig sentimental hinzu: "Ich vermisse ihn auch." Doch so viel Wilders Darstellungen auch über die Funktionsweise von DEPECHE MODE verraten mögen und so offenherzig er auch mit seiner Zeit als, wie er selbst sagt, "musikalischer Direktor" der Band umgehen mag: Die Gefahr, dass RECOIL durch den übermächtigen Schatten der ex-Band gänzlich erdrückt wird, ist groß.

 

Doch zumindest im kleinen Rahmen scheint die Akzeptanz von RECOIL als unabhängiges Projekt zu wachsen. So bat das Live-Nine-Up der NINE INCH NAILS Wilder, als dieser sie 1999 bei ihren Proben in London besuchte, um die Erlaubnis, Stücke seines neuen Albums LIQUID vor ihren Konzerten abspielen zu dürfen. Der TV-Sender Channel 4 beauftragte Wilder für eine Dokumentarserie 30 Sekunden Musik zu komponieren.

 

Selbst in einem Kajak-Werbe-Film sind schließlich Extrakte des 97-er Album UNSOUND METHODS gelandet. Lediglich mit seiner langjährigen Hoffnung, einer Filmmusik, hat es noch nicht geklappt, was jedoch weiterhin - auch angesichts des neuen Werkes LIQUID - ein Rätsel bleibt. Wilders zweites Solo-Album seit seinem DEPECHE MODE-Ausstieg begann im Frühjahr 1998 Form anzunehmen.

 

Diamanda GalásNicole BlackmanSamantha CoerbellSonya MadanEr lud den CURVE-Bassisten Dean Garcia, den Drummer Steve Monty und den Gitarristen Merlin Rhys-Jones zu einer Jam-Session in sein hausinternes Studio ein. Nach zweieinhalb Stunden, in denen die Sponti-Band alle erdenklichen Stile, Tempi und Genres angerissen hatte, konnte er das Session-Material in den Computer spielen. Angereichert mit seinen Sampling-Arrangements suchte er Sängerinnen und Sprecherinnen für die entstehenden Songs. Auf der Platte zu hören sind nun: Diamanda Galás, das Golden Gate Gospel Quartett, die New Yorker Spoken-Word-Künstlerinnen Nicole Blackman und Samantha Coerbell sowie der spanische RECOIL-Fan Rosa Torras. Ein mit der Echobelly-Sängerin Sonya Madan aufgenommener Song ist lediglich auf der aktuellen Maxi-CD STRANGE HOURS gelandet.

 

 

 

Folgendes Gespräch fand am späten Vormittag statt - bis in den frühen Morgenstunden hatte Wilder mit einer Reihe von Freunden aus dem Musikbusiness in einem Striplokal auf der Hamburger Reeperbahn ausgelassen gefeiert.

 

Zillo: Wie schon dein voriges Album UNSOUND METHODS zeichnet sich auch deine neue Platte LIQUID durch eine furchteinflößende, bedrohliche Atmosphäre aus. Woher stammt deine Neigung zu schaurigen Düster-Klängen?

 

Alan: Ich werde das sehr oft gefragt, und ich kenne die Antwort selbst nicht. Alles, was ich mache ist, meinen Instinkten und Intuitionen zu folgen, und das kommt immer dabei heraus. Ich versuche es eigentlich auch nicht zu sehr zu analysieren. Ich lasse es einfach geschehen. Aber tatsächlich muss Musik für mich eben diesen Effekt haben um interessant zu sein. Vielleicht ist dies eine Seite von mir, die man normalerweise nicht sieht, die aber durch die Musik hervorkommt.

 

Zillo: Durch Interviews wirst du immerhin gezwungen, deine Musik zu analysieren.

 

Alan: Ich finde es auch interessant, zu versuchen, bestimmte Teile zusammenzusetzen und zu verstehen, warum das Ergebnis sich so anhört wie es sich anhört. Was mich bedenklich stimmt ist, sich Dinge dazu auszudenken. Ich setze mich nicht hin, um einen fröhlichen Tanzsong oder ein dunkles, bedrohliches Stück Musik zu schreiben. Ich beginne eine Sache, die zu der nächsten führt, und bevor ich es merke, ist die Musik da und hat diese Atmosphäre. Aber es ist mir immer wichtig, dass die Musik überhaupt eine Art von Atmosphäre hat.

 

Zillo: Es ist also keine generelle Neigung von dir? Oder bevorzugst du ebenso dunkle Filme und Bücher?

 

Alan: Ich mag sie, aber genauso mag ich Woody-Allen-Filme und Mike Lear. Genauso ist es mit der Musik. Ich höre Klassik, Gospel, Techno und Rock und finde fast immer etwas Gutes daran.

 

Zillo: Du sagtest, du würdest ohne Ziel an die Musik herangehen und lediglich deinen Intuitionen folgen. Kommt es demzufolge auch vor, dass du selbst von dem Ergebnis überrascht bist?

 

Alan: Manchmal. Ich denke, man versucht immer, sich selbst irgendwie zu überraschen. Wenn etwas so wird, wie du es nicht erwartet hast, ist das ein gutes Zeichen. Was mich an der neuen Platte ein bisschen stört, ist, dass sie sich für mich zu ähnlich nach der letzten anhört. Und das beunruhigt mich ein bisschen. Es ist okay, dass beide Platten eine Verbindung haben, aber ich wollte mich auch weiterbewegen, auf irgendeine Weise anders klingen.

 

Zillo: Neu ist immerhin, dass ein persönliches Erlebnis von dir auf der Platte thematisiert wird: der Flugzeugabsturz einer Militärmaschine, den du sahst, als du 1995 im Urlaub mit dem Auto durch Schottland fuhrst. Hatte das Ereignis so großen Einfluss auf dich, dass du dich jetzt noch musikalisch damit beschäftigst?

 

Alan WilderAlan: Es hatte einen Einfluss, aber nicht in der Art, dass ich darunter leide. Es ist nur etwas, über das ich ab und zu nachdenke. Es bleibt stets bei mir. Der Punkt ist: Wenn du einmal ein Flugzeug abstürzen siehst, weißt du, dass sie abstürzen können. Das ist das Gefühl. Es ist eine verzögerte Reaktion. Als ich den Song BLACK BOX schrieb, ging mir das Erlebnis wieder im Kopf umher. Es ist gut für mich, dass ich ein spezielles Thema habe, an dem ich arbeiten kann. Denn normalerweise mache ich Musik nicht mit einem speziellen Thema im Kopf. Weil ich keine Texte schreibe, ist meine Musik normalerweise nicht themenbezogen, sondern bleibt subjektiv und surreal. Der Großteil meiner Musik könnte deshalb von Hunderten verschiedenen Dingen gleichzeitig handeln. Hier war das anders.

 

Zillo: Du hast schließlich die ganze Platte auf das Thema zugeschnitten.

 

Alan: Wenn die Sängerinnen ihre Texte schreiben, versuche ich das Ganze inhaltlich zusammenzuführen. Die Frage, was dem Pilot des abstürzenden Flugzeuges wohl durch den Kopf gegangen sein mag, erschien mir ein guter Weg, alle anderen Songtexte sinnvoll zu verbinden. Ich konnte sie als Erinnerungen seines Lebens sehen, die ihm vor dem Absturz blitzartig vor Augen geführt wurden. Sie sind seine Gefühle und sein Bedauern in der Sekunde, in der das Flugzeug aufschlägt. Für mich machen die einzelnen Texte dadurch Sinn. Und als ich diese Idee, wie ich es zusammenfügte, erst einmal hatte, wurde mir auch die Reihenfolge der Stücke und die Überleitungen dazwischen klar.

 

Zillo: Jeder Song soll eine Station im Leben des Piloten markieren?

 

Alan: So funktioniert es für mich. Aber deshalb muss es nicht für jeden so funktionieren. Es ist natürlich eine sehr lockere Idee. Aber wenn du Leute über ihre todesnahen Erfahrungen sprechen hörst, sagen sie normalerweise, ihr Leben sei blitzartig noch einmal vor ihnen abgelaufen. Alte Erinnerungen wurde hervorgerufen, z.B. Personen, die dich umspuken usw. Ich glaube, das hat mit chemischen Prozessen im Körper zu tun. Ich mag diese Idee.

 

Zillo: Bist du für diesen Interview-Tag in Hamburg mit dem Flugzeug angereist?

 

Alan WilderAlan: Bin ich. Aber ich vermeide das Fliegen, wo ich kann. Oft gibt es allerdings keine Wahl. Wenn wir von hier nach Köln fahren, fahren wir immerhin mit dem Zug. Normalerweise würde mir die Plattenfirma einen Flug buchen, aber ich wollte lieber mit dem Zug fahren. Ich genieße das Fliegen nicht besonders, aber es macht mir nicht so viel Angst, dass ich ganz darauf verzichte.

 

Zillo: Für den neuen Song VERTIGEN hast du einen Fan aus Barcelona zu dir nach Hause eingeladen, um ihre Stimme aufzunehmen - ein ungewohntes Arbeitsverhältnis.

 

Alan: Ich dachte es, wäre toll, mit jemandem zu arbeiten, der wirklich enthusiastisch an die Sache herangeht. Ich wollte für das Stück nichts spezielles, nur gesprochenen Text. Durch das Internet und meine Webseite habe ich viel Kontakt mit Leuten der ganzen Welt, was ich sonst, außer auf Tour, nicht habe. Ich stelle fest, dass viele der Fans gerne etwas mit meiner Musik zu tun hätten. Ich dachte, es ist gut für mich und gut für sie - interaktive Musik.

 

Zillo: Auf deiner Webseite (www.shunt.com) beantwortest du jede noch so neugierige, persönliche Frage der Fans. Wieso pflegst du plötzlich engen Kontakt zu ihnen?

 

Alan: Ich finde, es eine gute Sache. Bisher hatte ich nie die Möglichkeit, so etwas zu tun. Das ist erst seit kurzem möglich. Es kostet viel Zeit, aber wenn ich diese Zeit finde - warum nicht? Im Moment nimmt die Beantwortung leider mehr Zeit in Anspruch, als mir eigentlich lieb ist. Ich überlege, es einzuschränken. Aber bei einer Überprüfung der Webseite stellten wir kürzlich fest, dass die Beantwortung der Fragen bei weitem der beliebteste Teil der Seite ist - mit weitem Abstand. Sie interessieren sich nicht für verrückte Grafiken, sondern für die direkte Verbindung. Ich versuche also, ihnen zu geben, was sie wollen.

 

Zillo: Ein Promotion-Vehikel?

 

Alan: Schon, aber auch mehr als das. Es geht darum, eine Art von Verbindung zu ihnen aufzubauen. Es gibt heutzutage für einen Künstler keine Ausreden mehr dafür, dass er so fern ist. Eine gewisse Distanz, ein gewisses Geheimnis, ist gut, aber ich denke, heutzutage und in diesem Zeitalter muss offen kommuniziert werden.

 

Zillo: Dein vergangenes Album UNSOUND METHODS war dein erstes seit deinem Ausstieg aus DEPECHE MODE. Warst du mit den Reaktionen auf die erste Platte als Solo-Künstler zufrieden?

 

Alan: Ich denke, die meisten Reaktionen waren gut. Die Fans, von denen ich gehört habe, waren begeistert. Aber wenn sie sich schon die Mühe machen, mir zu schreiben, ist es auch wahrscheinlich, dass es ihnen gefällt. Wenn Leute es hassen, ärgern sie sich nicht damit herum. Das größte Problem ist, den Leuten mitzuteilen, dass es RECOIL überhaupt gibt. Es ist sehr schwierig, diese Musik im Radio gespielt zu bekommen. Es wäre schön, wenn das Radio meine Musik spielen würde. Aber die Tatsache, dass sie es nicht tun, sagt mehr über das Radio aus als über meine Musik. Die Programmierung von Radio-Programmen neigt dazu, strikt zu sein. Es gibt dort nicht viele Ventile für extreme, avantgardistische Musik. Das ärgert mich wirklich. Es ist eine Schande.

 

Zillo: Musikalische Kompromisse kommen für dich nicht in Frage?

 

Alan: Nun, ich bin nicht darauf angewiesen, und darüber bin ich sehr glücklich. Wenn ich kein Geld hätte und ums Überleben kämpfen müsste, würde ich vielleicht überlegen, meine Musik auf das Radio zurechtzuschneidern. Aber ich bin wirklich glücklich über meine Position: dass ich bequem überleben kann. Ich habe eine Plattenfirma, die mich machen lässt, was ich will. Es ist perfekt!

 

Zillo: Siehst du die DEPECHE MODE-Zeit demzufolge in Nachhinein als Weg, den jetziges Leben mit dem wenig einträglichen RECOIL-Projekt zu finanzieren? Oder als Lernzeit über die Produktion von Musik?

 

LIQUID (Stumm 173)Alan: Alles ist ein Lernprozess. Ich lerne noch immer. Da man immer Fehler macht, kann man auch immer etwas lernen. Ich sehe auf die DEPECHE MODE-Erfahrung mit sehr viel Zuneigung zurück. Ich bin in einer beneidenswerten Position daraus hervorgegangen, und ein Teil der Zeit war ein ziemlich großer Spaß. Nicht die ganze Zeit, aber ein großer Teil davon.

 

Zillo: Als Martin, Andy und Dave 1998 in Köln eine Pressekonferenz zur seinerzeit anstehenden zweiten Singles-Collection und der dazugehörigen Tour gaben, begrüßte Martin die Journalisten mit den Worten: "Tut mir leid, Alan konnte nicht kommen." Zeigt dieser Scherz, wie sehr sich die Situation zwischen dir und den ehemaligen Bandkollegen entspannt hat?

 

Alan: Ja, Martin war angesichts dieser Situation schon immer sehr entspannt. Ich denke, er war nicht sonderlich überrascht, als ich die Band verließ. Und er ist es, der in der Gruppe das Sagen hat. Und solange er spürt, dass er Songs in sich trägt, machen sie weiter. Davon hängt alles ab. Es ist nur: Er ist sich nie sicher, ob er weitere Songs schreiben kann. Aber dann kann er doch immer wieder.

 

Zillo: Wie war es, die ex-Band auf Tour gehen zu sehen?

 

Alan: Ich habe mir ein Konzert ihrer Tournee angekuckt. Aber was immer sie machen, ich finde es okay. Ich fand es schön, dass sie das Singles-Album promotet haben. Das war auch für mich gut.

 

Zillo: Bist du es leid, in Interviews regelmäßig mit ihren Zitaten konfrontiert zu werden und zu wissen, dass deine Äußerungen über sie wiederum zu ihnen getragen werden?

 

Alan: Das macht mir nichts aus, denn ich habe nichts Schlechtes über sie zu sagen. Ich sage nichts, was sie angreift. Ich habe keine bitteren, sondern gute Gefühle über die Zeit und das, was wir zusammen gemacht haben. Ich bereue es aber auch nicht, gegangen zu sein. Es war ein guter Schritt für mich. Und nun mache ich etwas, das mich sehr glücklich macht. Die DEPECHE MODE-Verbindung ist relevant für das, was ich jetzt mache. Deine ganze Geschichte ist auf irgendeine Art immer wichtig.

 

Zillo: Du hast kürzlich verlauten lassen, es sei dir bei dem Ausstieg auch darum gegangen, mit fast 40 Jahren nicht mehr im Pop-Zirkus gefangen zu sein. Was genau war gemeint?

 

Alan: In einer Gruppe zu sein, ist so ähnlich wie in einer Gang zu sein. Und das ist wie in der Schulzeit. Es gibt so etwas wie eine Band-Mentalität. Je älter ich werde, desto mehr stehe ich als Individuum im Vordergrund. Ich wollte nicht mit denselben Menschen immer eng zusammen sein. Ich glaube, ich reagiere auf gewisse Art jetzt darauf, weil ich mit so vielen verschiedenen Leuten zusammenarbeite. Ich denke im Nachhinein auch, wir hätten bei DEPECHE MODE mehr mit anderen Leuten zusammenarbeiten sollen. Wir hätten ein paar Kollaborationen mit anderen Musikern wagen können. Du stagnierst, wenn du immer mit denselben Leuten arbeitest. Es gibt da nicht so viele Dinge, die du tun kannst. Ich spürte, dass es schließlich nichts mehr gab, was ich noch tun konnte. Das war mein Hauptgrund, die Gruppe zu verlassen, nicht Probleme mit Personen. Es gab einige Differenzen mit Personen, aber das war nicht der Hauptgrund.
Sondern: Als Vierer-Gruppe mit diesen Leuten Popsongs schreiben, war es das für mich. Ich sah nicht, dass wir noch irgend etwas tun konnten. Also war es Zeit, einen Schritt zu tun und etwas neues zu machen. Und ich möchte niemals wieder in irgendeiner Gruppe sein.